Gründung
Das ktns wurde im Rahmen des 3. Hofer Wassersymposiums am 15.11.2023 gegründet und ist organisatorisch dem Institut für nachhaltige Wassersysteme der Hochschule Hof (inwa) angegliedert. Die Gründung des ktns ist eine Reaktion auf die Bedürfnisse von Kommunen, Fachingenieur:innen, Architekt:innen und Stadtplaner:innen, aber auch auf die Nachfrage hin von Unternehmen in Oberfranken und Bayern, die unsere Städte und Gemeinden auf den Klimawandel anpassen müssen. Bis das ktns personell und finanziell auf eigenen Beinen steht, werden die laufenden Aktivitäten bis dahin durch die inwa Koordination betreut. Sofern es sich um Fachthemen handelt, die inhaltlich einzelnen Forschungsprojekten zugeordnet werden können, unterstützen die Kolleginnen und Kollegen der einzelnen inwa Forschungsgruppen.
Arbeitsbereiche
Im ktns sollen zwei wesentliche Arbeitsbereiche bearbeitet werden, die Wissensspeicher und -transfer sowie Beratung & Coaching umfassen. Einerseits soll das bestehende Wissen zum Thema Schwammstadt/Schwammregion in einem webbasierten Wissensspeicher gesammelt und öffentlich gut nutzbar zur Verfügung gestellt werden. Damit dieses Wissen auch in die Praxis kommt, ist ein entsprechender Transfer erforderlich, der u. a. in Form von Lehrgängen, Schulungen und Vorträgen, intensiver Netzwerkarbeit sowie mit Hilfe neu zu errichtender Testfelder für Praxistrainings sichergestellt werden soll. Mit dem zweiten Schwerpunkt von Beratung & Coaching soll die aktuelle Lücke geschlossen werden, um die Lösungen und Ideen aus dem Wissensspeicher in die Umsetzung zu bringen. Hierfür müssen diese zuerst mit den lokalen Bedingungen z. B. mit Hilfe der Mehrebenenanalyse auf Eignung geprüft und dann für den jeweiligen Fall angepasst werden, bevor die Kommunen und ihre Planungsbüros mit der eigentlichen Planung beginnen können. Die beschriebene neuartige Vorprüfung und Anpassung, die zeitlich noch vor der eigentlichen Leistungsphase liegen sollte, ist in den normalen Leistungsphasen nicht enthalten. Die Kommunen und Planungsbüros sollen durch das ktns so lange unterstützt und geschult werden, bis diese die beschriebene neuartige Vorprüfung und Anpassung vor der eigentlichen Leistungsphase eigenständig durchführen können.
Das Schwammstadt-Konzept
Das Thema Wasser steht zunehmend im Fokus, denn die Auswirkungen des Klimawandels sind in erster Linie in Form von häufiger auftretendem Starkregen und immer längeren Trockenperioden zu spüren. Das Schwammstadt-Konzept, welches im ktns auch auf die Region erweitert wird, liefert wirksame Lösungsansätze für diese Herausforderungen. Das Konzept sieht vor, dass anfallendes Regenwasser wie bei einem Schwamm gesammelt und festgehalten wird, z. B. in offenen Wasserflächen, in Rinnen oder Entwässerungsgräben, sogenannten Rigolen, in Erdspeichern oder auf speziellen Gründächern. Das Regenwasser fließt dann nicht mehr unkontrolliert über die versiegelten Flächen, wodurch Überschwemmungen vermieden oder zumindest abgemildert werden. Nach dem Regenereignis werden die Speicher entleert, was dann dem Auspressen des Schwamms entspricht. An heißen Tagen im Sommer kann das gespeicherte Regenwasser für verschiedene Anwendungen wie z. B. die Bewässerung von Pflanzen genutzt werden. So wird kostbares Trinkwasser gespart.
Insbesondere durch zwei Projekte am inwa, dem Projekt SPORE (Smart Sponge Region Oberfranken, finanziert durch die Oberfrankenstiftung und die Hochschule Hof, link: https://inwa.hof-university.de/index.php/startseite/projekte/spore/) sowie dem Lehrgang „Der Weg zur Schwammstadt – Stadtentwicklung in Zeiten des Klimawandels“ (finanziert durch den Europäischen Sozialfond (ESF), REACT-EU, link: https://inwa.hof-university.de/index.php/startseite/projekte/schwammstadt-2/) hat das inwa unterschiedliche Lösungen auf Basis des Schwammstadtkonzeptes analysiert und mitentwickelt und den Stand der Wissenschaft sowie die Technik mittlerweile mehr als 60 Teilnehmern näher gebracht.
Neben den fachlich-technischen Inhalten spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Gemeinsam wurde der hohe Stellenwert der Nachhaltigkeit bei Schwammkonzepten festgestellt und entschieden, das neue Kompetenz- und Transferzentrum „nachhaltige Schwammstadt/-region“ zu nennen. In den Gesprächen mit Projektbeteiligten und Teilnehmenden wurde deutlich, dass es aktuell an zwei wesentlichen Dingen fehlt, damit die Akteure in Sachen Schwammstadt handlungsfähig werden können: Einerseits gibt es zwar viele gute Ideen und Anwendungsbeispiele, diese sind aber nirgendwo zentral verfügbar. Andererseits fehlt den Akteuren für die Übertragung der guten Ideen und Beispiele auf den eigenen Anwendungsfall Zeit und Erfahrung sowie ein geeigneter Fahrplan, wie man hier vorgehen muss. Genau zum zweiten Punkt hat das inwa passende Methoden entwickelt, die nun über das neue Kompetenz- und Transferzentrum den Akteuren zur Verfügung gestellt werden sollen. Das ktns soll sich zur fehlenden zentralen Informationsstelle zum Thema Schwammstadt in Bayern und in Zukunft auch darüber hinaus entwickeln. Das Schwammstadt-Konzept soll zudem auf den ländlichen Raum ausgeweitet werden, da dieser eigene angepasste Lösungen benötigt. Daher wird am ktns nicht nur die Schwammstadt, sondern auch die Schwammregion in Kooperation mit der Land- und Forstwirtschaft betrachtet.
Herausforderungen und Vorgehen
In den Gesprächen mit den Akteuren wurde deutlich, dass es zwingend notwendig ist, erforderliche Maßnahmen bei der Anpassung an den Klimawandel aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beteiligten zu analysieren. Hierbei ist vor allem darauf zu achten, dass infrage kommende Maßnahmen mit dem Arbeitsalltag der Akteure in Einklang gebracht werden und die zunehmende Aufgabenkomplexität berücksichtigt wird. Ansonsten scheitern die Bemühungen.
Für genau diese spezielle, gesamtheitliche Vorgehensweise wurde mit der Mehrebenenanalyse eine geeignete Methode zur Komplexitäts- und Arbeitsalltagsanalyse entwickelt, die in den Forschungsprojekten bereits auf Herz und Nieren geprüft werden konnte. Mit der Mehrebenenanalyse kann in Städten und Kommunen vorhandenes „Schwammpotenzial“ identifiziert und geprüft werden, wie eine Umsetzung ideal im Arbeitsalltag erfolgen kann. Wichtig ist dabei, dass auf die richtige Kombination der in Frage kommenden Maßnahmen mit den anderen Alltagsherausforderungen geachtet wird und wie mit dem gesamtheitlichen Ansatz Synergiepotenziale mit anderen Projekten und Aktivitäten aufgedeckt werden können.
So können Städte und Kommunen den Weg zur wassersensiblen Stadt bzw. Region finanziell und personell besser bewältigen. Die Mehrebenenanalyse ist eng mit der ebenfalls gesamtheitlichen Vorgehensweise der Nachhaltigkeit verknüpft und hat sich bereits als sehr geeignet erwiesen. Sie wird als ein wichtiges Werkzeug im neuen ktns zur Anwendung kommen. Komplexitätsbewältigung und Nachhaltigkeit sind damit zwei wesentliche, eng miteinander verknüpfte Säulen des ktns. Bei der Bearbeitung der Forschungsprojekte wurde deutlich, dass die Hochschule Hof derzeit als einzige Forschungsinstitution versucht, das Thema Schwammstadt/Schwammregion in ihrer gesamten Komplexität aus einer gesamtheitlichen Perspektive zu erfassen und aus dieser Position Werkzeuge zu entwickeln, um damit wirksam und zielgerichtet umzugehen. Die Expertise, die im Kompetenz- und Transferzentrum zusammenfließt, ist Hof, als dem bayerischer Kompetenzstandort Wasser, enorm zuträglich.
Aktuelles und Ausblick
Aktuell werden zunächst die Anfragen resultierend aus den beiden Forschungsprojekten bearbeitet, die innerhalb der Projektlaufzeit nicht weitergehend bearbeitet werden konnten. Auch aus dem 3. Hofer Wassersymposium heraus gibt es bereits neue Anfragen, die wir in den kommenden Monaten unterstützen werden. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll dann der Aufbau verschiedener Versuchseinrichtungen auf der Kläranlage Hof erfolgen, die in erster Linie im Rahmen von Forschungsprojekte errichtet und betrieben werden sollen. Darüber hinaus sollen auch am Hochschulstandort verschiedene Schwammlösungen realisiert werden, um auch den Studierenden am realen Objekt die Thematik näher zu bringen und gleichzeitig damit an offenen Fragestellungen forschend zu arbeiten.
Wie sich das ktns entwickelt, hängt im Wesentlichen von der erreichbaren Finanzierung ab. Weitere Informationen werden dann auf der neuen Webseite des inwa im Jahr 2024 zur Verfügung gestellt.
Projekte
Gründach in Schauenstein/Oberfranken
Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschule und kommunalen Einrichtungen.
An der Grundschule Schauenstein wurde das erste „Detention-Roof“ Deutschlands installiert, ein innovatives Gründachkonzept, das die Regenwasserrückhaltung im Vergleich zu herkömmlichen Gründächern erheblich verbessert. Dieses Projekt ist Teil eines umfassenden Schwammstadt-Projekts, das von der Hochschule Hof und dem Kompetenznetzwerk Wasser Energie initiiert wurde.
Die Firma Browatech GmbH & Co. KG, bekannt für ihre patentierte „Tech-Drainage“, spielt eine zentrale Rolle in diesem Projekt. Diese ultraleichte und nur fünf Millimeter dicke Drainagetextilie kann große Wassermengen puffern und zeitverzögert abgeben, wodurch Überschwemmungen vermieden und die Notwendigkeit für große Rückhaltebecken reduziert werden. Diese Technologie ist Teil des „Purple-Roof-Konzepts“, das in Europa als „Detention-Roof“ bekannt ist.
Die Hochschule Hof übernimmt die wissenschaftliche Begleitung und Analyse des Projekts durch ihr Institut für nachhaltige Wassersysteme. Im Rahmen des Forschungsprojekts SPORE untersucht die Hochschule, wie Oberfranken mit den Herausforderungen des Klimawandels, insbesondere mit Starkregen und Trockenheit, umgehen kann. Das Projekt soll auch die Rolle digitaler Lösungen in diesem Kontext erforschen.
Dieses innovative Projekt zeigt die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschulen und kommunalen Einrichtungen und stellt einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltiger Wassernutzung und Hochwasserschutz dar.