Klimawandel und Wetterextreme stellen die Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Der Zweckverband JenaWasser entwickelt dafür im Forschungsprojekt InSchuKa und u.a. in Zusammenarbeit mit der Hochschule Hof intelligente digitale Lösungen. Die Projektpartner wollen eine Datenerfassung, -auswertung und -steuerung entwickeln, die es erlaubt, belastbare Vorhersagen für die künftige Belastung der Kanalnetze zu treffen. Dies kann Kanalnetzbetreibern u.a. wertvolle Hinweise für einen resilienten Kanalbetrieb, zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen und für zukünftige Baumaßnahmen liefern. Nun wurde das Projekt in Berlin mit dem „NachhaltigkeitsAWARD“ der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) in der Kategorie Digitalisierung ausgezeichnet.
Im Rahmen von InSchuKa soll bis Ende des Jahres Jenas Abwasser-Hauptsammler mit flexiblen, KI-gesteuerten Kanalklappen ausgestattet werden. Diese regulieren vollautomatisch das Transportvolumen im Kanal – basierend auf aktuellen Kanalmesswerten und Wetterprognosen. So werden im Falle von Starkregen Kanal-Überflutungen verhindert und bei anhaltender Trockenheit übelriechende Ablagerungen reduziert.
InSchuKa ist ein Projekt zur Digitalisierung der Kanalnetzsteuerung mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Erprobt wird die Technologie im sogenannten Hauptsammler, dem größten Abwasserkanal von Jena, der auf einer Länge von etwa acht Kilometern quer durch Jena verläuft. Er nimmt einen Großteil des städtischen Schmutzwassers auf und transportiert ihn zur Zentralen Kläranlage der Stadt.
Digital steuerbare Absperrklappen
Ziel ist es nun, den im Durchmesser bis zu 3 Meter großen Kanal mit flexiblen Absperrklappen auszustatten. Diese sollen digital steuerbar sein und je nach Bedarf verschlossen oder geöffnet werden können.
Mit Hilfe dieser Klappen kann
- der Abfluss des Wassers aus dem Hauptsammler beschleunigt oder verzögert werden
- das Kanalvolumen als Rückhalteraum genutzt oder gezielt freigegeben werden
- das Schmutzwasser über einen gewissen Zeitraum „angestaut“ und schwallartig abgelassen werden wodurch eine Reinigung der Kanalwände von schädlichen Ablagerungen herbeigeführt wird
- der Zufluss zur Kläranlage gleichmäßiger und damit effizienter gestaltet werden
Die Innovation: Was in der jeweiligen Situation die optimale Einstellung für die vorhandenen Absperrklappen ist, wird mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz ermittelt. Grundlage für deren Berechnungen sind vorhandene Kanalnetzsimulationen, Echtzeit-Messwerte aus dem Kanal sowie verfügbare Wetterprognosen, insbesondere zu erwartbaren Niederschlagsmengen.
Aktuell arbeitet das Projektteam daran, die digitale Plattform mit einer Datengrundlage zu „füttern“. Dafür wurden u.a. Drohnenaufnahmen vom Abwasser-Hauptsammler gemacht und anhand von Infratotmesswerten ein dreidimensionaler „digitaler Zwilling“ des Kanals und seiner Nebenanlagen erstellt. Dieser ist nun Grundlage für Berechnungen und Simulationen. Aufbauend auf diesen Werten wurde die nötige Anzahl und mögliche Standorte für die flexiblen Absperrklappen ermittelt.
Vorgesehen ist aktuell, zunächst zwei Absperrklappen zu installieren: Eine direkt am Ende des Hauptsammlers kurz vor dem Zufluss zur Zentralkläranlage in Zwätzen und eine etwa in der Mitte, im Bereich der sogenannten Landfeste. Für den Kauf und Einbau der Kanalklappen läuft aktuell die Projektierung und Produktion, im Spätsommer soll der Einbau starten.
Projektpartner und Förderung
Im Projekt InSchuKa 4.0 („Kombinierter Infrastruktur- und Umwelt-Schutz durch KI-basierte Kanalnetzbewirtschaftung“) arbeitet der Zweckverband JenaWasser mit den Hochschulen Hof und Magdeburg-Stendal zusammen. Weiterhin sind an dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Vorhaben mit der HST Systemtechnik GmbH, der Pegasys GmbH und der Nivus GmbH drei Unternehmen aus den Bereichen Messtechnik, Automatisierung und Digitalisierung beteiligt. Das Projektvolumen für den Projektteil von JenaWasser beläuft sich auf 925.000 Euro, davon 650.000 Euro aus Fördermitteln des Bundesforschungsministeriums.